Spielfreude mit Weltschmerz: Ukraine-Benefizkonzert des Kammerorchesters Kolbermoor
Nach über zweijähriger Pause beglückte das Kammerorchester Kolbermoor seine Zuhörer wieder mit einem Konzertprogramm, das unter ambivalenten Vorzeichen stand: Einerseits war da die spürbare Freude über die wieder erlangten Spielmöglichkeiten nach den zwei Jahren pandemiebedingter Einschränkungen, anderseits war das Konzert überschattet durch die Schrecken des Ukraine-Krieges. Dies hatte Musikerinnen und Musiker dazu bewogen, ihr Konzert zu einem „Ukraine-Benefizkonzert“ umzuwidmen, um mit den Einnahmen die Kolbermoorer Ukrainehilfe zu unterstützen.
Musikalisch immerhin stimmte das Konzert seine Zuhörer uneingeschränkt froh: Mit einem frischen, vorwiegend barocken und frühklassischen Programm spielte das Kammerorchester seine Stärken als zwar kleines, dafür aber durchsichtig spielendes Ensemble aus: Effektvolle dynamische Kontraste und sehr frische Tempi verhalfen insbesondere den beiden Sinfonien von Carl Philipp Emanuel Bach und Johann Stamitz zu schwungvollen Interpretationen in bester Manier der Alte Musik-Bewegung.
Auch bei Händels Concerto grosso op. 6, Nr. 1 machte die abwechslungsreiche Gestaltung auch kleiner und kleinster Motive und Figuren das Konzert zu einem lebendigen, abwechslungsreichen Hörgenuss, das das Orchester mit hörbarer und sichtbarer Spielfreude gestaltete. Dabei trat das Orchester-Tutti in einen lebhaften Wettstreit mit den beiden Concertino-Solisten Lena Schuster und Marinus Kreidt und Antonia Neussl am Violoncello, die ihre Parts dynamisch-zupackend gestalteten.
Höhepunkt des kurzweiligen Programms war gleichwohl das Konzert für Viola und Orchester, das Johann Christian Bach zugeschrieben wurde, mit dem in Wirklichkeit jedoch der französische Komponist Henri Casadesus Anfang des 20. Jahrhunderts das Bratschen-Konzertrepertoire geschickt erweiterte: Solist dieses virtuosen und effektvoll-dramatischen Werks war der junge Kolbermoorer Bratscher Marinus Kreidt, der die Stärken seines Instruments voll ausspielte: Im langsamen Satz wartete er mit seufzend schöner Tongebung und traurig-schmelzender Melodik auf; bei den schnellen Sätzen ließ er sich nicht lumpen und zog spieltechnisch alle Register seines beeindruckenden Könnens. Von diesem jungen Musiker wird man sich noch auf mehr freuen dürfen.
Man darf jedenfalls dem Orchesterchef Martin Kreidt dankbar sein, dass er seine Musikerinnen und Musiker wieder vereint hat und wieder einmal ein Programm auf die Beine gestellt hat, das die Zuhörer eigentlich nur frohen Herzens stimmen kann. Der Krieg in der Ukraine war jedoch keineswegs vergessen: Bewegend die Zugabe des Orchesters mit „El cant dels occells“, einer Hymne für den Frieden. Danach lange, ergriffene Stille – schließlich großer Applaus der Zuhörer in der voll besetzten Kolbermoorer Kirche Hl. Dreifaltigkeit. Ebenfalls beeindruckend auch die Spendenfreudigkeit der Kolbermoorer Zuhörer: Großartige 3.400 Euro kamen an Spenden zusammen, die vollumfänglich der Kolbermoorer Ukrainehilfe zufließen.